Die Endurance-Expedition - Ein Nachtrag zur Shackleton Mission

Aufgrund der vermehrten Nachfragen unserer Mitglieder über die Details und die Historie, dürfen wir Ihnen einen kurzen Abriss bzw. eine Richtigstellung von unserem Mitglied Georg Friedl über die ursprüngliche Rettungsaktion vor über 100 Jahren der Mannschaft der Endurance durch Sir Ernest Henry Shackleton geben:

Am 8. August 1914 stach Sir Ernest Shackleton mit seiner Expeditionsmannschaft (und der Schiffskatze Mrs. Chippy) auf der „ENDURANCE“ in Plymouth in See, um die „British Imperial Trans-Antarctic Expedition“ zu starten (geplant war die erste Durchquerung des antarktischen Kontinents - der Südpol wurde ja bereits im Jahr 1911 von Roald Amundsen erreicht). Nach einem Zwischenstopp in Buenos Aires sowie in Südgeorgien ging es im Dezember 1914 tatsächlich Richtung Antarktis. Doch schon nach wenigen Tagen erreichte das Schiff Drifteis und wurde kurzzeitig festgehalten. Anfang 1915 saß die Endurance endgültig im Eis fest. Tagelange Versuche, das Boot „freizuschneiden“ und in Fahrrinnen zu halten, waren erfolglos. Das Expeditionsteam bereitete sich auf ein Überwintern im Packeis vor.
Ende Oktober 1915 musste das Schiff jedoch auf Grund von heftigen Eispressungen  bei -25 °C evakuiert werden. Drei kleine offene Rettungsboote wurden mit dem nötigsten Proviant, Ausrüstung aber auch Fotos und Filmaufnahmen etc. am Packeis beladen. Ebenfalls evakuiert wurden die dutzenden Schlittenhunde. Die „Endurance“ versank.

Diverse Lager wurden am Packeis errichtet. Die beladenen Rettungsboote wurden, soweit möglich von den Männern und Hunden über das Eis gezogen. Ständiger Begleiter und teilweise Gegner war die Drift des Eises sowie Hunger und Kälte.
Am 8. April 1916 (!) zerbrach das Packeis zur Gänze. Die gesamte Mannschaft (28 Mann) musste in den drei offenen Rettungsbooten Platz finden. Die wenigen verbliebenen Schlittenhunde konnten nicht gerettet werden.
Nächstes mögliches Ziel war Elephant Island. Bei eisiger Kälte kämpften sich die Männer in den offenen Rettungsbooten durch Eis und Sturm. Erst nach gut 10 Tagen wurde ein geeignetes Lager sowie ein Landeplatz gefunden, allerdings war Elephant Island extrem abgelegen und unbewohnt.
Bis zum 24. April 1916 wurde das offene Rettungsboot "Jaimes Caird" (6,85 m Länge) mit geringsten Mitteln notdürftig zum eingedeckten Segelboot umgebaut. Für zusätzliche Stabilität in einer der stürmischsten Gebiete der Welt wurden Steine in die Bilge gestaut.

Nun wurde der praktisch unmögliche Versuch gewagt, mit sechs Mann Besatzung 1500 km nach South Georgia segeln zu können (Diese Strecke sollte von Lisa nachgerudert werden). Der Rest der Mannschaft verblieb auf Elephant Island. Hierzu wurden die anderen beiden Rettungsboote umgedreht und als „Hütte“ verwendet.
Nach ca. 2 Wochen wurde nach extremen Stürmen und ohne exakte Positionsbestimmung (es wurde praktisch nur gekoppelt, der Sextant konnte auf Grund von Schlechtwetter kaum benutzt werden) tatsächlich South Georgia erreicht!
Diese Überfahrt stellt wohl eine der größten nautischen und navigatorischen Meisterleistungen dar.

Allerdings landete das Boot auf der falschen Seite der Insel. Da Boot und Mannschaft in kläglichstem Zustand waren, konnte die kleine Insel nicht weiter bis Stromness umsegelt werden. Aus Mangel an Optionen wurde die gebirgige und vergletscherte Insel (zu dieser Zeit komplett unkartiert) noch in einem zweitägigen Gewaltmarsch von Shackleton und zwei weiteren Männern durchquert, um endlich Stromness (Walfangstation) zu erreichen.
Von dort wurde mit einem Schiff eine Rettungsaktion gestartet, um die beiden am Ufer verblieben Männer ebenfalls in den Schutz der Walfangstation zu bringen.  Von Stromness aus versuchte nun Shackleton ein geeignetes Schiff zu organisieren, um die auf Elephant Island ausharrenden Männer abzubergen. Erst beim vierten Versuch konnte er ein antarktistaugliches Schiff finden, dessen Treibstoffvorräte ausreichten, um die lange Strecke zu bewältigen. Am 30. August 1916 konnte endlich die restliche Mannschaft auf Elephant Island an Bord genommen werden.

Die Freude über ihre Rettung drückte sich darin aus, dass innerhalb kürzester Zeit alle Vorräte an Schnaps und Tabak aufgebraucht waren.

Die gesamte Rettungsaktion hat rund eineinhalb Jahre gedauert, ohne dass irgendjemand zu Schaden gekommen ist.

Um diese navigatorischer Meisterleistung entsprechend zu würden, wurde schon mehrfach versucht, diese Expedition nachzustellen (z.B. Arved Fuchs), aber keine dieser Fahrten konnte zu einem glücklichen Ende gebracht werden.

 

Vielen Dank an Georg Friedl für diesen Bericht!